Vorfälligkeitsentschädigung in Österreich
Wer einen Kredit aufnimmt, bindet sich meist für viele Jahre an feste Rückzahlungsmodalitäten und einen vereinbarten Zinssatz. Doch es kann Situationen geben, in denen Sie ihr Darlehen verfrüht tilgen möchten, etwa bei einem unerwarteten Kapitalzufluss oder dem Verkauf einer Immobilie. Wenn Sie glauben, damit automatisch Geld zu sparen, erleben Sie nicht selten eine Überraschung. Die Bank ordnet in solchen Fällen nämlich eine Vorfälligkeitsentschädigung an, die je nach Vertragsgestaltung und Kredithöhe einen erheblichen Betrag ausmachen kann.
Kurz zusammengefasst:
Wenn Sie einen Kredit vorzeitig zurückzahlen, müssen Sie unter bestimmten Voraussetzungen eine Vorfälligkeitsentschädigung leisten. Entscheidend sind die Verzinsung, das Abschlussdatum und etwaige Sondertilgungsrechte. Sie beträgt maximal 1 Prozent der vorab getilgten Summe bzw. 0,5 Prozent bei unter einem Jahr Restlaufzeit.
Was ist eine Vorfälligkeitsentschädigung?
Die Vorfälligkeitsentschädigung ist eine Gebühr, die Kreditinstitute verlangen, wenn ein Kredit vor dem vertraglich vereinbarten Ende zurückgezahlt wird. Sie soll den finanziellen Schaden der Bank ausgleichen, der durch die frühzeitige Tilgung und damit ausbleibenden Zinseinnahmen entsteht. Die Entschädigung wird immer fällig, wenn:
- das Darlehen vorzeitig vollständig oder teilweise erstattet wird,
- der Kredit eine fixe Verzinsung aufweist, die noch läuft und
- keine Ausnahme (z. B. Sondertilgungsrecht oder Verbraucherschutzregelung) greift.
Wie hoch ist in der Regel eine Vorfälligkeitsentschädigung?
In Österreich ist die Vorfälligkeitsentschädigung durch das Verbraucherkreditgesetz (VKrG) für Konsumkredite und das Hypothekar- und Immobilienkreditgesetz (HIKrG) für Immobiliendarlehen geregt. Um die Vorfälligkeitsentschädigung berechnen zu können, ist die Höhe der noch offenen Restschuld entscheidend – nicht die ursprünglich aufgenommene Kreditsumme. Es macht einen großen Unterschied, ob Ihr Darlehen variabel oder fix verzinst ist. Auch das Datum des Vertragsabschlusses spielt eine bedeutende Rolle.
Verträge, die bis zum 10. Juni 2010 abgeschlossen wurden:
- Konsumkredite (z. B. Ratenkredite) dürfen grundsätzlich jederzeit kostenlos zurückgezahlt werden. Da solche Kredite meist kurze Laufzeiten haben, betrifft das heute nur noch wenige Fälle.
- Bei wohnwirtschaftlichen Krediten mit einer Laufzeit von zumindest 10 Jahren oder hypothekarisch besicherten Darlehen beträgt die Vorfälligkeitsentschädigung bis zu 4 Prozent. Außerdem muss eine Kündigungsfrist von maximal 6 Monaten eingehalten werden.
Verträge, die ab dem 11. Juni 2010 abgeschlossen wurden:
- Wenn Sie der Kündigungsfrist (max. 6 Monate) nachkommen, fällt bei Krediten mit variabler Verzinsung keine Pönale an.
- Bei Privatdarlehen mit Fixzinsbindung können pro Vertragsjahr bis zu 10.000 Euro kostenfrei getilgt werden. Darüber hinaus kann die Bank eine Vorfälligkeitsentschädigung von bis zu 1 Prozent einfordern. Im Falle einer Restlaufzeit von weniger als einem Jahr sinkt die Obergrenze auf 0,5 Prozent.
Auch wenn ein bestehender Fixzinskredit aufgelöst wird, um zu einem günstigeren Anbieter zu wechseln, kann eine Vorfälligkeitsentschädigung zu entrichten sein. Prüfen Sie deswegen vor einer Umschuldung genau, ob sich die Ersparnis trotz möglicher Pönale lohnt.
Wann darf die Bank keine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen?
Wie wir bereits wissen, erheben Banken bei variabel verzinsten Krediten keine Vorfälligkeitsentschädigung.
Ebenso verhält es sich, wenn im Kreditvertrag ausdrücklich Sondertilgungsrechte vereinbart wurden und diese erfüllt werden. Sondertilgungen sind Rückzahlungen, die über die regulären monatlichen Raten hinausgehen – ohne zusätzliche Kosten. Sie erlauben es, Ihre Schulden schneller abzubauen und die Laufzeit des Darlehens zu reduzieren.
Häufig verzichten Banken zudem im Todesfall der kreditnehmenden Person auf eine Vorfälligkeitsentschädigung. Besteht eine Restschuldversicherung oder erfolgt die Rückzahlung durch Angehörige, zeigen sie sich dementsprechend kulant.

Praktische Tipps rund um die Vorfälligkeitsentschädigung
Kontrollieren Sie im Kreditvertrag, wie lange der Fixzinssatz gilt und was passiert, wenn Sie vorzeitig aussteigen möchten.
Darlehen mit einer kurzen Zinsbindung oder variablen Verzinsung bieten mehr Flexibilität, sind aber auch risikoreicher.
Verlangen Sie eine nachvollziehbare Aufschlüsselung der Gesamtkosten. Die Bank soll nicht nur den Zinsanteil, sondern auch die Vorfälligkeitsentschädigung berechnen.
Verhandeln Sie aktiv, denn vor allem bei vorzeitiger Rückzahlung aufgrund eines Immobilienverkaufs oder einer Umschuldung ist oft Spielraum bei der Pönale vorhanden.
Prüfen Sie die Möglichkeit der Übernahme eines bestehenden Kredits, etwa bei einem Hauskauf. Damit können Sie die Vorfälligkeitsentschädigung umgehen.
Vereinbaren Sie Sondertilgungsrechte schriftlich. Ideal sind jährliche Tilgungsoptionen (z. B. 10 % der Kreditsumme) ohne zusätzliche Kosten.
Nutzen Sie die vertraglich festgelegten pönalefreien Teilzahlungen über mehrere Jahre statt einer Volltilgung.
Wenn die Entschädigung unangemessen erscheint, können Sie Einspruch einlegen und überhöhte Beträge anfechten.
Wenden Sie sich bei Streitfällen an die Schlichtungsstelle der FMA (Finanzmarktaufsicht), die bei Konflikten mit Banken kostenlos und außergerichtlich hilft.
Vergleichen Sie Kredite unterschiedlicher Banken. Deren Konditionen variieren teils erheblich, auch hinsichtlich der Sondertilgungen.
Hier vergleichen Sie Kredite direkt online:
Weitere Ratgeber zum Thema Finanzen

Online-Redakteurin
Viktoria stieg unmittelbar nach ihrer Schauspielausbildung und dem Masterstudium in Publizistik- und Kommunikationswissenschaften als Online-Redakteurin bei CHECK24 ein. Sie schreibt über komplexe Finanz-, Versicherungs- und Energiethemen und sorgt dafür, dass Sie alle relevanten Informationen zu unseren Vergleichen erhalten.